Der europäische Datenraum aus Schweizer Sicht

Die Erstversion des Whitepaper wurde von März bis Oktober 2021 von einer Arbeitsgruppe der Swiss Data Alliance erarbeitet. Die Version 1.2 enthält ein zusätzliches Kapitel zum Kultur- und Kulturerbe-Datenraum.

Die EU plant den europäischen Raum zu einer gemeinsamen Datenwirtschaft zu entwickeln. Sie geht davon aus, dass eine europäische Datenwirtschaft das BIP der Region bis 2025 um 528 Mia. Euro steigert, 5.2 Mio. neue hochqualifizierte Arbeitsplätze schaffen und die Stellung Europas als eigenständiger Akteur in der globalen Datenwirtschaft entscheidend stärken wird.

Eine Schlüsselkomponente zur Verwirklichung einer EU-Datenwirtschaft sind Datenräume, in denen Datenproduzent:innen und -nutzer:innen zusammenarbeiten, um Daten sicher und unter Wahrung der Rechte aller beteiligten und betroffenen Akteur:innen auszutauschen und zu nutzen. Es ist noch zu früh, um zu sagen, ob der Ansatz der EU die deklarierten Ziele erreichen wird. Zumindest sollten die Massnahmen der EU den Rahmen und die Bausteine liefern, um die Entwicklung einer Datenwirtschaft zu erleichtern.

Was bedeutet das für die Schweiz? Wie sollte die Schweiz auf diese Entwicklungen reagieren, die sich auf wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Akteur:innen auswirken werden? Die Antworten sind schrittweise zu entwickeln. Qualitativ muss die Schweiz ihre Anschlussfähigkeit an die entstehenden europäischen Datenräume sicherstellen. Die Schweiz sollte sich entlang der Wertschöpfungskette von Datenproduzent:innen und Datenkonsument:innen positionieren.

Dies bedeutet, geordnet nach Stakeholdern, folgendes:

  • Die Akteur:innen der Datenwirtschaft (Unternehmen, aber auch Behörden als Datenproduzent:innen und –nutzer:innen) sollten rasch damit beginnen, die Möglichkeiten von Datenräumen und Datenmarktplätzen zu evaluieren und praktisch umzusetzen. Die Möglichkeiten reichen von der Erschliessung wertvoller Datenbestände zur Bereitstellung der Infrastruktur fuür Datenräume oder Datenmarktplätze bis zur Entwicklung innovativer Analysekompetenzen.

  • Die Gesetzgeber sind gefordert, für diese Aktivitäten einen geeigneten rechtlichen Rahmen zu entwickeln. Dabei sollte ein besonderes Augenmerk auf nachhaltige Modelle und Prinzipien für eine zukunftsweisende Datengouvernanz (Data Governance) gelegt werden. Die Data Governance wird eine entscheidende Komponente für eine erfolgreiche Datenwirtschaft der Zukunft sein.

  • Die Zivilgesellschaft und Öffentlichkeit in der Schweiz sollte die Politik dabei unterstützen, eine führende Rolle auf dem sich entwickelnden Gebiet der Data Governance zu übernehmen. Hier hat die Schweiz mit ihrer gut ausgeprägten Diskussionskultur, ihrer freiheitlichen Tradition und ihrer einfach gehaltenen Gesetzgebungstradition gegenüber vielen anderen Rechtsordnungen viel zu bieten.

Die Schweiz könnte über diese Punkte hinaus sogar eine führende Rolle bei der Bereitstellung von Infrastrukturen einnehmen, die jeweils sektorspezifisch den sicheren Datenaustausch erlauben. Die Schweiz hat zu Recht den Ruf einer vertrauenswürdigen, neutralen Partnerin. Dieser Vertrauensvorschuss ist zu nutzen. Die Politik und die Verwaltung sollten die zuständigen Stellen (Behörden, Unternehmen) dabei unterstützen, mit den EU-Ländern zusammenzuarbeiten, um sektorspezifische Datenräume aufzubauen und zu betreiben.

In zeitlicher Hinsicht sollten solche Evaluationen und daraus abgeleitete Aktivitäten priorisiert werden, damit das Potential der Schweiz als first mover für die Mitgestaltung, der sich noch im Aufbau befindlichen Strukturen, nicht ungenutzt bleibt.

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Datensouveränität – was es zur Begriffserklärung braucht (Definitionspapier)

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Daten selbstbestimmt teilen (Arbeitspapier mit der SATW)